Der Unterricht

Im Mittelpunkt der KPS steht eine in Deutschland neue Form der individuellen Förderung, die es möglich macht, die Entwicklung der einzelnen Schülerinnen und Schüler (SuS) von dem Lernfortschritt einer Klasse zu lösen. Sie bietet Möglichkeiten für individuelle Beschleunigung, aber auch für Verlangsamung, wenn besondere Bedürfnisse dies nahelegen — wie etwa nach früher Einschulung und mehrfachem Springen, nach längerer Krankheit oder Umzug aus einem anderen Bundesland.
Die KPS will sicherstellen, dass ihre SuS Eigeninitiative und persönliches Engagement für ihre Lernarbeit  entwickeln und die Kooperation mit den Anderen für sie zur Chance und Erweiterung wird.

Die Grundlagen der nachfolgend zusammengefassten Konzeption sind kompatibel mit dem Hessischen Referenzrahmen Schulqualität bzw. sind dort enthalten. Näheres dazu.

Überblick

    • Der Unterricht findet von 9.00 bis 16.30 Uhr statt. Verlässliche Betreuung bis 15.30 Uhr.
    • Die Schülerinnen und Schüler (SuS) arbeiten in Zweijahresgruppen mit flexibler Verweildauer zwischen einem und drei Jahren (Stufen). Die Zusammenfassung in Stufen ermöglicht eine Differenzierung der Lernangebote, die die strenge Sequenzierung der Jahrgangsstufen mildert, so dass Kinder und Jugendliche verstärkt nach Interesse und Leistungsmöglichkeiten zusammenarbeiten können. Zugleich sorgt sie dafür, dass langsamere Schüler*innen nicht allein in nachrückende Gruppen zurückgehen bzw. schnellere in unbekannte „höhere Gruppen“ springen müssen. Immer ist ein Teil der neuen Gruppen bereits vertraut.
Schülerorganisation in Stufen Vergrößern mit Klick

Die Unterrichtsgegenstände gelten jeweils für die gesamte Stufe, die über 30 Schüler*innen enthalten kann. Sie werden nach zusammenfassender Einführung differenziert und von mehreren Lehrkräften in Teilgruppen weitergeführt.

Die Differenzierung erfolgt auf der Basis des „Parallelcurriculums“ von Joseph Renzulli u.a., entworfen aus der Erfahrung der Hochbegabtenpädagogik, von ihm aber vorgeschlagen zur Förderung von SuS aller Begabungsstufen. Die Renzulli-Parallelen umfassen neben der Wissensbasis eines Themas 1. dessen Vernetzung mit weiterem Wissen, 2. die wissenschaftlichen Methoden der Erarbeitung und Anwendung sowie 3. die Aspekte, die das Thema mit der Person der SuS in Beziehung setzen: Individuelles Interesse, Nähe zu eigenen Zukunftsplänen, persönlicher Begabung oder Orientierung der sozialen Umgebung. Für jedes dieser drei Differenzierungsprinzipien kann und sollte weiter nach unterschiedlichen Anspruchsniveaus differenziert werden.

Die erste Grundform des Unterrichts ist die Wissensbasis. Ort: Stufenraum. Mehrere LuL, eine Stufe bzw. Differenzierungsgruppen nach Plan.

Hier werden die in den Lehrplänen geforderten Inhalte knapp und strukturiert geboten. Für die Darbietung gelten Regeln. Sie beziehen sich für LuL vor allem auf die explizite Vernetzung des gebotenen Inhalts mit Vorausgegangenem und Folgendem sowie auf die klare Erläuterung der erwarteten Lernleistung (Transparenz). Die Anforderungen für SuS beziehen sich auf aktives Zuhören und eine Mitschrift, die während der Erstdarbietung vorbereitet werden soll. – Die Grundform der Wissensbasis ist vollständig auf Rezeption eingestellt. Sie nimmt maximal 30 Minuten in Anspruch und tritt im Stundenplan nicht mehr als drei mal täglich auf.

Aufgrund des hohen Anspruchs bei der exemplarischen Auswahl und Darbietung der Inhalte wird für diese Grundform angestrebt, dass die LuL in den ersten Jahren ein schuleigenes Materialdepot entwickeln, das in den weiteren Jahren nach Bedarf genutzt und fortgeschrieben werden kann.

Die drei Grundformen des Unterrichts – nach Entscheidung der Lehrkraft aufeinander folgend oder in Auswahl – Vergrößern mit Klick

Die zweite Grundform des Unterrichts ist das individuelle Arbeiten. Ort: Lerninseln im Großraum bzw. getrennte Räume für Stufe 1

Im individuellen Arbeiten erhalten die SuS die nach den Renzulli-Parallelen differenzierten Themen des Unterrichtsgegenstandes. Es ermöglicht die Individualisierung des Tempos, des Umfangs, der Richtung und des Anspruchsniveaus der fachlichen Arbeit. Das individuelle Arbeiten bietet besondere Möglichkeiten für die Beratung und Unterstützung der SuS, aber auch für die Kooperation zwischen dem „Kompetenzzentrum“ und den Lehr- und Förderkräften.

Wie ein Transmissionsriemen hält die Kommunikation zwischen Lehrkräften und dem Kompetenzzentrum den Fluss der Information über die SuS in Gang. Vergrößern mit Klick

Diese Kooperation zwischen dem „Kompetenzzentrum“ und den Lehr- und Förderkräften ist das Herzstück der Arbeit für die besondere Zielgruppe der Karl-Popper-Schule. Im Kompetenzzentrum laufen die Informationen über die SuS zusammen (Aufnahmediagnostik, fortge­schriebene Beobachtungen der Lehrkräfte, Arbeitsergebnisse), die eine Bestimmung des „mittleren Anspruchs­niveaus“ der SuS ermöglichen (für jede/n „subjektiv schwer, aber bei Anstrengung lösbar“). Die konsequente Herausforderung jeder Schülerin und jedes Schülers auf diesem indivi­duellen Niveau ist eine wesentliche Voraussetzung für die angestrebte hohe Leistungsmotivation in der KPS.

Eine besondere Bedeutung hat in dieser Grundform des individuellen Arbeitens die eigenständige Entwicklung von „Fragen“.

Fragen herauszufordern ist das didaktische Anliegen des individuellen Unterrichts; es führt unmittelbar hinein in das anschließende forschende Arbeiten. Die Methodik für diese Aufgabe ist in den Publikationen zum Critical Thinking vielfältig dargestellt, für die Karl-Popper-Schule vorbildlich von Charles R. Pearce am Beispiel des naturwissenschaftlichen Unterrichts veranschaulicht (hier sein Erfahrungsbericht). Wichtig ist die Unterscheidung von Fragen, die durch Literatur-Recherche bearbeitet werden können, und anderen Fragen, die Experiment, Beobachtung, Analyse, Interpretation oder argumentativ begründete Entscheidung erfordern. Die erste Art gehört in das individuelle Arbeiten, die anderen Fragen führen hinein in die dritte Grundform des Unterrichts, das forschende Arbeiten.

Die dritte Grundform ist das forschende Arbeiten. Ort: Großraum, bei praktischer Notwendigkeit auch Nebenräume, SuS nach Fragestellungen gruppiert.

Das forschende Arbeiten wird in Form von Gruppenarbeit, überwiegend Kleingruppenarbeit, organisiert. Die SuS kommen aus der gleichen Stufe, Ausnahmen im Sinn eines stufenübergreifenden Arbeitens sind möglich. In der Regel liegen die Inhalte im Bereich der Wissensbasis, die im individuellen Arbeiten durch Ideen und Fragen der SuS erweitert worden ist. – Die Fragen erfordern verschiedene Methoden der Bearbeitung: in den Geisteswissenschaften z.B. Text- und Quellenanalyse, vergleichende Interpretation, argumentative Auseinandersetzung (Debating), in den Sozialwissenschaften z.B.  Beobachtungen, Interviews, statistische Analyse, Modell- und Theorieanwendungen; in den Naturwissenschaften z.B. Messungen und Experimente.

Die Ergebnisse des forschenden Arbeitens werden grundsätzlich von den SuS selbst in übersichtlichen  Berichtsformularen dokumentiert und für weitere Schüler der nachfolgenden Jahrgänge archiviert – denen dann auch die Aufgabe zufällt zu entscheiden, wie „richtig und falsch“ die Ergebnisse ihrer Vorgänger sind, und gegebenenfalls Neufassungen zu erarbeiten. Die Materialien des Schülerarchivs bedürfen des Kritischen Denkens der SuS, die sie nutzen wollen.

Neben diesen drei Grundformen des Unterrichts stehen die „expressiven“ Fächer Kunst, Musik, Darstellendes Spiel und Sport.

Fächerübergreifender Unterricht in den Fächern Darstellendes Spiel, Musik, Kunst und Sprachen Vergrößern mit Klick